Mißbrauch
 
 
 
Mißbrauch
 
Ein Wort, das mein Leben mit 11 Jahren zum ersten Mal aus der Bahn warf.
 
27 Jahre habe ich gebraucht, bis ich es fertig brachte darüber zu reden.
Ich war wie blockiert, konnte einfach nicht reden.
Konnte nicht schildern was damals geschah.
Erst eine ambulante Psychotherapie brachte mich dazu.
Und es war sehr schwer, sehr schwer diese Klippe zu nehmen.
 
Als mein Peiniger starb, hatte ich mir geschworen, meine Lippen
zu verschließen.
Über Tote redet man ja nicht,
und wer würde mir glauben?
 
Es war der Bruder meine Pflegevaters.
Ein Mann, den ich bis dahin sehr mochte.
 
Er überredet mich, mit Ihm spazieren zu gehen.
Klar hatte ich nichts dagegen.
Ich vertraute Ihn ja.
 
Im Wald passierte es dann.
Immer wieder mißbrauchte Er mich.
Nicht an einem Tag, sondern öfter.
 
Ich habe keine Ahnung warum ich immer wieder mitging.
Konnte ich nicht glauben was geschah?
Vertraute ich Ihm, das Er es nicht wieder tat?
Glaubte ich zu sehr an das Gute im Menschen?
 
Doch dann wehrte ich mich,
wehrte Ihn ab und ging Ihm aus dem Weg, so gut ich konnte.
Nicht leicht, Er wohnte in der gleichen Straße.
Zu seiner Beerdigung und an seinem Grab bin ich nie gewesen.
 
Bis zu meinem 27. Lebensjahr hatte ich alles verdrängt.
Spielte es als nicht so schlimm herunter.

Doch das war es nicht.
 
Es war eher mein seit frühester Kindheit erlernter
Verdrängungsmechanismus.
 
Doch Verdrängen ist halt kein Verarbeiten.
 
Das weiß ich heute.